Wer Buzzword-Bingo auf der IFA spielen wollte, der hatte es nicht allzu schwer. Fast in jeder Halle wollte man innerlich den Bingo-Schrei loslassen. Ein paar Buzzwords aus meiner Sammlung möchte ich euch nicht vorenthalten.
Smart-TV – der Fernseher wird intelligent
Nein – nicht das Fernsehen, sondern der Fernseher. Der neuerworbene LED-TV in einer x-beliebigen Größe wird zukünftig ein Netzwerkanschluss haben – egal ob WLAN oder Ethernet. Es werden Apps auf diesen neumodischen Geräten laufen. Online-Videotheken (z.b. Maxdome), Mediatheken (ARD, ZDF, die Privaten), Social-Networks, Mail, Bilderdienste, DLNA für Bilder, Videos und Musik vom NAS, PC oder Smartphone.
Man wird den Fernseher nutzen können, ohne Fernsehen zu schauen – man konsumiert einfach das, was man will. Bei Maxdome einen Film ausleihen, die letzten Urlaubsvideos anschauen vom NAS oder doch zwischendurch mal bei Facebook ein paar Statusupdates der Freunde sichten? Man hat die freie Wahl und braucht sich von den Sendeanstalten nicht mehr diktieren lassen, wann man sich womit berieseln lässt.
Im Idealfall hat die neue Flunder ein Tripple-Tuner (DVB-S2, DVB-C und DVB-T), ein Smartcard-Slot und einen USB-Port. Je nach Ausstattung der Wundermaschine lässt sich auf einer externen USB-Festplatte dann auch noch USB-Recording betreiben – sofern es der Sender per DRM nicht verbietet.
Maxdome, die Online-Videothek, will durch eine Allianz mit vielen Herstellern bis Ende 2011 etwa 3 Millionen Haushalte mit aktuell 35.000 Titeln versorgen können.
HD+ … schaut mal schön unsere Werbung
Man kann sagen, dass sich HD+ am Markt durchgesetzt hat – man könnte aber auch feststellen, dass es das ohne Alternativen einfach durchgesetzt hat. Mit modernen Receivern und HbbTV kann man schön die Sendungen aufzeichnen und später gucken – eine geniale Erfindung (nach der VHS-Kassette). Doch halt – wenn man vorspulen kann, dann könnte man auch die hoch qualitativen Produktinformationen überspringen (ad-skipping). Das wollen die Sender natürlich nicht, da sie von der Werbung leben. Jetzt gibt es dieses schöne Digital-Right-Management (DRM), womit man dem Receiver sagen kann, was der Zuschauer machen darf.
Die digitale Bevormundung, was man darf oder nicht, hat sich dank beugungswilliger Einspeiser (Kabelnetzbetreiber, Astra, etc pp) schon fast etabliert. Selbst die Telekom ist bei Telekom Entertain Sat quasi eingeknickt. Während man bei der IPTV Variante von Telekom Entertain noch vergebens auf die HD+ Sender (RTL HD, Sat1 HD, Pro7 HD, …) wartet, werden diese bei der Satelliten Variante von Astra geliefert und die Telekom legt die HD+ Smartcard im ersten Jahr kostenlos dazu – die üblichen Einschränkungen sind natürlich auch hier dabei. Bei Entertain hatte man einst damit geworben, dass man die laufende Sendung aufnehmen, anhalten, vorspulen und zurückspulen kann. Ob und wann HD+ auf Basis von welchen Einschränkungen ins IPTV von Telekom Entertain kommt, steht noch immer in den Sternen. Ich hätte jedenfalls große Schmerzen, dass ich diese tollen Funktionen nicht mehr nutzen kann und ist erst die erste Hürde gefallen, dann fordern es bald alle Sender ein. In 5 Jahren sehnen wir uns dann wieder in die analoge Welt zurück in der wir bei VHS-Tapes beliebig spulen konnten.
Wenn die Preise stimmen (würden), dann würden sich Video-On-Demand Lieferanten (Videoload, Maxdome, iTunes) freuen, die Filme und Serien ohne Werbung in HD anbieten – meinen Zuspruch hätten sie.
LTE … das Festnetz ist tot – es lebe das Festnetz
LTE hier, LTE da … hier ein Samsung Galaxy mit LTE, da ein Tablet mit LTE. Alles was das Herz begehrt. Vor Jahren schon wollte VIAG Interkom (o2) den Kunden erklären, dass sie kein Festnetz mehr brauchen, wenn sie Genion (eine Festnetznummer) haben. Doch dann kam das Internet, plötzlich brauchte man doch wieder Kabel im Haus, damit man so genannten Breitband-Internetzugang hat. Mit LTE kommt jetzt endlich der 4G-Mobilfunkstandard, der je nach Ausbaustand jetzt schon bis zu 100 Mbit/s zum Kunden liefern kann. Vodafone erklärt im Prinzip das Festnetz für überholt – man sagt es dem Kunden nur nicht. Für den Kunden ändert sich nichts – er behält seine Festnetznummer und sein Festnetztelefon. Er steckt das gute alte Telefon nur nicht mehr in die TAE der Telekom (letzte Meile) sondern in die LTE-Easybox (spart im Hause Vodafone schon mal mindestens 10 Euro Kosten, die an die Telekom durchgereicht worden sind). Internet und Telefon – Zero-Configuration und minimaler Serviceaufwand und quasi ohne Wartezeit. Man kann es an der Haustür verkaufen und die Kunden können es – sofern sie unterschreiben – eigentlich sofort nutzen. Viele Menschen in den weißen Flecken dieser Nation warten gerade zu auf einen Messias, der mit so einem Vertrag und Gerät vor der Haustür steht. Dass er auf ein Shared-Medium setzt und nach einigen Gigabyte gedrosselt wird, wird die meisten Kunden, die noch mit Analog-Modems surfen, entweder nicht interessieren, stören oder betreffen. Man ist einfach froh den Anschluss zur Datenautobahn zu halbwegs erschwinglichen Preisen zu erhalten. Mit Vodafone TV bietet der Düsseldorfer Mobilfunkanbieter sogar ein Produkt an, welches aus HbbTV (Smart-TV), HD+ und LTE besteht – das ist quasi schon ein Über-Bingo.
Ob das Konzept aufgeht, wird sich mit steigender LTE Kundenzahl recht bald zeigen. Wenn interessante Hybrid-Tarife für LTE geschaffen werden, damit man es stationär (als Festnetzersatz) und mobil (Smartphone, Tablet, Notebook) unbedarft nutzen kann, dann werden sich die Investitionen in den Netzausbau sicher auch irgendwann lohnen.
3D … Effekthascherei
Man kann sich wehren wie man will, aber an 3D-Flundern kam man auf der IFA nicht vorbei. Samsung, LG, Panasonic, Philipps, Sony und wie sie alle heißen, hatten alle 3D-Fernseher auf ihren Ständen. Zumeist noch mit Shutterbrillen, aber auch schon teilweise mit Polarisationsbrillen, welche meiner Meinung nach ein angenehmeres Erlebnis beim heimischen 3D-TV hinterlassen könnten. Die Brille bei LG wirkte leichter und angenehmer zu tragen, als die Shutterbrillen der Konkurrenz. Dennoch sehe ich mich noch nicht die Tagesthemen mit 3D-Brille im abgedunkelten Raum konsumierend. Für den ein oder anderen Film ist es aber sicher eine Überlegung wert meine Abneigung gegen Brillen abzulegen.
Die Entwicklung von 3D TV zu Hause wird stark von der Entwicklung des Contents abhängig sein. Solang es nur einige Filme und ein paar Spiele der Fußball Bundesliga in 3D gibt, werden wir noch nicht alle wie 3D-Brillenschlange vorm Fernseher sitzen. Der meiste „flache (seichte) Content“ im TV im Tagesprogramm wird auch mit 3D nicht an Unterhaltungswert oder Qualität gewinnen.
Gibt es 3D Pornos? Es wäre nicht das erste Mal, dass die Pornoindustrie für den Durchbruch einer neuen Technologie der treibende Motor wäre …
Eure persönlichen Buzzwords der IFA 2011?
Auch auf der IFA gewesen oder die Berichterstattung verfolgt? Was sind Eure persönlichen Buzzwords? Was wird floppen? Was wird bei euch in den Haushalt einziehen?
Ein Gedanke zu „Smart-TV, HD+, LTE, 3D – BINGO“